Mental Load gibt es, keine Frage. Doch Mental Load taucht aktuell überall auf, mir ist es zu viel. In den Blogposts und Artikeln steht, dass die Mütter den Großteil der Verantwortung und Organisation tragen. Ich kann es nicht mehr hören. Die Mental Load Debatte fühlt sich für mich eher nach Mimimi an statt nach Problemlösung:
Herr Doktor, mir tut beim Umrühren des Kaffees immer das Auge weh!
- Na dann nehmen Sie doch den Löffel vorher raus.
Zugegeben, ich habe mich einfangen lassen. Immerhin ist Mental Load in aller Munde, auf allen Blogs und sogar bei manchen einziges Thema. Ich kann es nicht mehr ertragen. Mit Sicherheit gibt es das Problem, dass insbesondere Mütter die Königinnen der Organisation sind. Ohne manche von ihnen läuft nichts. Ein hausgemachtes Problem.
Mimimi ist verständlich: Man muss sich mit der aktuellen Situation auseinander setzen, die einen unglücklich macht. Oh, keiner denkt an die Schulbrote? Keiner außer mir putzt? Ohne mich würde die kleine heile Familienwelt untergehen? Na dann muss ich eben etwas ändern!
Weil ich keine Lust auf die alleinige Verantwortung für den Haushalt hatte, stellten wir gemeinsam mit den Kindern einen Haushaltsplan auf. Das klappt meist ganz gut. Auf dem Whiteboard sehen alle, welche Aufgaben anliegen. Wir reden miteinander, wenn etwas nicht läuft, wenn einer unzufrieden ist. Wir finden eine Lösung, bestenfalls mit Win-Win-Situation für alle.
Das große Vorbild ist auch bei Vereinbarkeit, Erziehung & Mental Load Themen die Familienkonferenz von Gordon.
Es ist doch logisch, wenn ich Töpfe schmetternd den Abwasch erledige, weil es kein anderer tut, wird sich daran nichts ändern. Stattdessen sollte man sich überlegen: Was will man, wie will man das und zu welchen Kompromissen bin ich bereit? Reden hilft weiter.
Dann las ich irgendwo, dass sich "der Mann ja nicht ändert". Ich frage mich dann immer: Wenn einer unglücklich ist, das sogar äußert und keine Bereitschaft zur Änderung - von beiden Seiten - da ist: Was hält sie denn? Warum soll sich einer auf der Arbeit des anderen ausruhen dürfen, weil es immer schon so war?
Für mich ist das kein Argument, obwohl wir eine relativ klassische Aufteilung unserer Aufgaben haben. Jede Woche sprechen wir über die nächste und die anfallenden Aufgaben.
Eigentlich ist Kinder abholen und wegbringen meine Aufgabe, allein wegen meiner flexibleren Arbeitszeiten. Doch bringen uns Absprachen persönlich weiter.
Hier ein paar Beispiele, die mir helfen:
Mein Mann geht abends direkt nach der Arbeit mit Freunden weg? Super, dann kann er ja morgens die Kinder zur Kita bringen, damit ich mehr Zeit für mich habe, bevor ich die Abendroutine mit drei Kindern allein übernehme.
Ich fahre ungern Auto? Wie praktisch, dass mein Mann die nervigen Fahr-Aufgaben zum Supermarkt, Finanzamt, Baumarkt, Kinder von Freunden abholen (...) übernehmen kann.
Ich möchte, dass mein Mann bei der Kinderbetreuung nachmittags hilft? Gut, dann mache ich dafür den Haushalt, den er sonst zusammen mit mir erledigen würde.
Er organisiert alle Termine rund ums Haus und Auto und nimmt an allen teil und verabschiedete sich damals sogar von seinem Teamleiter-Job - für Vereinbarkeit von Job und Familie.
Aus seiner Sicht:
Ich organisiere Termine der Kinder, kümmere mich darum, dass sie Kleidung und alles haben, was sie brauchen. Geschenke besorge ich ebenfalls und plane die Mottopartys, weil es mir Spaß macht.
Den Haushalt schmeiße ich, soweit ich dazu komme, Wäsche läuft nebenbei. Generell machen wir gemeinsam alles. Die Bäder säubere ich, die nervigen Glaswände der Dusche putzt er.
Vermutlich könnte er sich viel eher über Mental Load beklagen, als ich. Tut er aber nicht. Vermutlich, weil er auch ein Macher ist und erledigt, was eben dran ist.
Was eigentlich eine gute Sache ist: Darüber nachzudenken, was gleichbereichtige Elternschaft bedeuten kann, wie man das gemeinsam hinbekommt, artete bei mir selbst zu Stress aus.
Ich las Artikel und überlegte krampfhaft, warum ich eigentlich den ganzen Haushalt nahezu allein machen muss (obwohl es nicht so ist). Ich dachte darüber nach, warum ich eigentlich die Kinder immer abholen muss usw. Dabei gibt es gar kein Muss.
Die Kinder könnte auch mein Mann abholen, wenn er von der Arbeit kommt. Ich möchte das aber selbst machen, damit sie früher zu Hause sind und Zeit mit mir verbringen können. Den Haushalt mache ich größtenteils allein und nebenbei (80/20 Regel!), damit mein Mann Zeit für uns (und für sich) hat.
Ich habe mir also selbst Stress gemacht, der gar nicht notwendig war. Verständlich, dass mein Mann das ebenfalls nicht so gesehen hat. Es läuft mit unseren Absprachen tatsächlich gut und wir sind zufrieden.
Es gibt keine allgemein gültigen Regelungen. Für uns würde Teilzeit für Sascha derzeit gar nicht in Frage kommen - das Modell hatten wir bereits 2013 mit Kind. Er arbeitete weniger als ich, hatte dadurch aber keine Vorteile weil er dennoch keine Zeit für seine Projekte hatte. Irgendwas kam immer dazwischen.
Für andere mag es bspw. toll sein, den Haushalt 50:50 zu teilen. Das passt aber nicht in unser aktuelles Lebensmodell. Keine Sorge, die Kinder sehen dennoch, dass auch Papa Wäsche wäscht und Mama den Akkuschrauber in die Hand nimmt.
Leben mit Kindern, Leben in der Partnerschaft ist individuell. Daher darf man nicht in die Falle tappen und sich vorschreiben lassen, wie etwas sein muss.
Patricia war die erste, bei der ich das Thema aufschnappte. Und sie ist für mich ein Positivbeispiel, keine Angstmacherin. Sie schrieb sehr detailliert auf, wie sie mit dem Thema Mental Load umgeht. Sehr anschaulich erstellte sie eine Mental Load Map und schloss daraus Konsequenzen - im Dialog:
"Du hättest ja fragen können" - in diese Kerbe schlägt der feministische Comic von Emma The Mental Load: A Feminst Comic (Werbelink). Diesen Wortlauf versuchen wir gerade im Keim zu ersticken, wenn ein Kind sagt: "Hast du mir ja nicht gesagt!" - Alle helfen allen!, das ist der Slogan, den ich bei uns implementieren möchte.
Wenn man plump das Stichwort Mental Load eingibt, findet man eben diese Antworten: Sprecht miteinander. Aber oft wird genau in die Kerbe gehauen: Mütter machen alles, ihr seid arm dran, ihr müsst richtig, richtig traurig sein!
Doch das kann es ja nicht sein.
Wenn man aktuell nicht glücklich ist, dann sollte man etwas ändern, oder? Einfach öfter miteinander sprechen, gemeinsam Aufgaben ausmisten, priorisieren und keine Klatschblätter lesen (die natürlich einen kleinen Aufreger brauchen, um Klicks zu generieren).
Priorisierung empfinde ich auch als starken Hebel. Im Gespräch findet man vielleicht heraus, warum der eine nie Wäsche zusammenlegt oder das Bad putzt. Mut zur Lücke im Haushalt, sage ich nur. Ich hab schon 2016 festgestellt, dass das alles ein bisschen viel ist, hatte aber nicht den schicken Namen Mental Load dafür. Vielleicht empfindet der Partner den Schmutz im Bad gar nicht so schlimm, wie man selbst?
Reden. Und wenn das auch nicht hilft, tja, dann muss man eigene Schlüsse ziehen. Glücklich sein ist ein wichtiges Gut.
Seit über einer Woche arbeite ich wieder und mein Mann gewöhnt in dieser Zeit unsere Tochter ein. Er ist noch in Elternzeit und kann diese nicht so genießen wie ich es damals konnte. Unser Kleinkind ist ein Wirbelwind geworden. Doch eins ist ganz witzig: unsere nun vertauschten Rollen: Er ist zu Hause, ich arbeite. Ich hatte einige Aha-Erlebnisse!
Über 12 Monate war ich zu Hause. Erst im Mutterschutz, dann in Elternzeit. Ich kümmerte mich meist um die Haushalt, holte die beiden großen Kinder ab, bloggte, arbeitete und schmiss den Laden. Es war anstrengend, aber es lief irgendwie. Schwierig wurde es, wenn mein Mann länger arbeitete und abends nicht zum Fertigmachen der Kinder zu Hause war. Teilweise war dies mit Unverständnis von meiner Seite verbunden.
Immerhin kümmerte ich mich den ganzen Tag um alles, während mein Mann "nur" arbeiten musste! Ich habe derweil Tränen getrocknet, das Essen besorgt, Kinder umher organisiert und Strafzettel bezahlt. Und dann muss mein Mann auch noch arbeiten, während ich mich nach meiner Freizeit sehne? Voll fies! Oder nicht?
Nun haben wir die Rollen getauscht. Mein Mann ist zu Hause, arbeitet zwar nicht nebenbei, hat aber dennoch kaum Zeit für sich, wenn das Baby mal schläft. Unsere Püppiline ist ein kleiner Wirbelwind geworden, der nicht müde wird, Schränke auszuräumen und überall Chaos zu hinterlassen oder auf Hocker zu krabbeln, von denen sie gerettet werden muss.
Es ist deutlich anstrengender, sich um das kleinste Kind zu kümmern, als es in den ersten Monaten für mich war, da sie sehr zufrieden war. Das ist sie noch, nur wird uns mulmig zumute, wenn sie glücklich von der obersten Stufe des Hockers grinst. Und dann daneben tritt. Und dann fällt.
Elternzeit ist kein Urlaub!
Man merkt, dass ich im Moment nicht am Haushalt beteiligt bin. Sascha hat dafür kaum Zeit, weil er ständig irgendwelche Kinder zur Kita / Schule bringt und abholt. Zugleich findet die Eingewöhnung unserer Tochter statt, die nochmal andere Abhol- und Bringzeiten als die Jungs hat. Bei drei Kindern kommen viele Wege zusammen, da die Einrichtungen auch nicht gleich um die Ecke sind.
Wir lernen beide kennen, wie es annähernd ist, in der Haut des anderen zu stecken. Annähernd weil ich nicht Vollzeit arbeite und den ganzen Kinderbringservice übernehme, wie es Sascha sonst tut. Das macht er zum Glück weiterhin in seiner Elternzeit. Er hält mir den Rücken frei, wenn ich im Home-Office arbeite und Kinder zu Hause sind.
Und ich merke, wie unterbrechend es sein kann, wenn sich doch mal ein Kind zu meinem Schreibtisch schleicht und mich mit Muffins aus Holz füttern will. Das war mir vorher nie bewusst, dass es tatsächlich stört, wenn ein Kind fröhlich neben dir spielt, während man arbeiten muss. Aha!
Ich verspreche mir daher nach unserem "Rollentausch" mehr Wertschätzung und Verständnis für den anderen. Das wird auch von meiner Seite dringend nötig sein, denn mein Mann wird wohl wieder Late Night Meetings haben, wie es in seiner Firma so schön heißt. Eine Herausforderung für die Work-Life-Balance.
Was mich sehr freut: die Wohnung wird fertiger! Und das nach zwei Jahren nach Umzug. Wir haben eine Todo-Liste in der alle offenen Aufgaben rund um die Wohnung enthalten sind. Eine Liste, die im Alltag nur selten abgearbeitet wird. Denn Trubel haben wir mit drei Kindern genügend. 🙂
Doch jetzt kommen plötzlich Bilder an die Wand, die Küchenteile erhält eine Abschlussleiste, neue Kommoden fürs Kinderzimmer und ein selbstgebautes Regal für den Keller. Es wird langsam wohnlich, obwohl wir gerade nach einem Haus in Berlin suchen. Das kann sich allerdings noch hinziehen.
Nur noch ein paar Wochen, dann geht der Alltag für uns wieder richtig los. Mit längeren Arbeitszeiten und wieder anders verteilten Aufgaben. Eigentlich war die gemeinsame Elternzeit auch ganz schön. Zum Glück liebe ich meinen Job, das hilft sehr, mich auch auf den Wiedereinstieg zu freuen.
Mit Erwachsenen über Fachliches reden ist auch toll!
Was sagt ihr dazu?
Lies jetzt weiter in Mama
Verrückt, dass es schon drei Jahre her ist, seit ich über mein Bullet Journal und die Planung und Umsetzung schrieb. Inzwischen habe ich viel ausprobiert, sogar meine Planung einzig mit digitalen Notizen, Trello und Kalender, doch das klappte nicht. Ich brauche ein Bullet Journal im Notizheft, weil mich das glücklicher macht. Meine liebsten Bullet Journal […]
Die 40-Stunden-Woche als Vollzeit-Definition muss endlich wegfallen! Wir kommen ins Straucheln bei der täglichen Care-Arbeit, obwohl wir uns diese sehr gut gemeinsam aufteilen. Wir hetzen von Arbeit zu den Kindern, die Kitas und Schulen haben mitunter kürzere Öffnungszeiten. Gesellschaft, Unternehmen, Lobbies, ändert euch endlich!
So viele erste Male erlebt man mit dem Kind: es lernt greifen, krabbeln, laufen, sprechen, es wird groß. Auch als Mama erlebt man viele erste Male. Das erste Mal Windeln wechseln, die Eingewöhnung im Kindergarten, der erste Schultag. Nun habe ich drei Kinder und bin manchmal noch immer unsicher in Bezug auf Kinderkrankheiten & Co. […]
Ich gebe dir grundsätzlich Recht. Reden hilft, Jammern weniger. Andererseits finde ich es immer legitim, seinen Frust nicht in sich hinein zu fressen, sondern laut zu äussern. Ob bei Freundinnen oder im Netz. Allerdings sehe ich meinen Mental Load und es nervt mich an. Aber ich sehe teilweise keine Veränderungsmöglichkeiten. Mein Mann hat einen Job, durch den er viel weg ist. Es hat auch Vorteile für uns, manchmal reisen wir mit. Aber ich bin im Alltag oft und lange alleine. Ab Morgen beispielsweise 3 Wochen und er ist nicht greifbar, anderer Kontinent, andere Zeitzone. Da muss ich alles selbst bedenken und entscheiden und habe die volle Verantwortung. Solange alles normal läuft, noch okay und klar mache ich Abstriche, ob Haushalt, Termine oder dass ich statt Kochen Pizza bestelle. Aber im September hatten der Große und der Mittlere einen MDV. Ich als Diabetikerin darf sowas nicht bekommen. Also Panik. Dazu kam dann aber noch, dass ich alleine damit da stand, ob es noch okay ist oder ich doch den ärztlichen Notdienst anrufe oder einen Krankenwagen. Ich saß heulend da. Dem Großen ging es unheimlich elend. Ich hatte alleine die Verantwortung zu entscheiden, inwieweit es noch okay ist. Dehydriert er? Auch die meisten anderen Entscheidungen treffe ich alleine, ich muss an alles denken und glaube mir, ich habe keinen Perfektionismus. Alleinerziehende sind da noch mal in deutlich krasserer Situation. Aber selbst, wenn er "da" ist, heisst das meistens, dass ich von 8-20 Uhr alleine bin. Oder bis 24 Uhr. Oder ab 5 Uhr Morgens.
Danke für den Kommentar!
Aber hier ist doch auch alles selbstausgesucht.
Man bespricht doch gemeinsam, dass einer Auslandsaufenthalte hat: ein freigewählter Job.
Genau das mit den Arbeitszeiten.
Das haben wir bei uns geändert, keine späten Meetings mehr. Selbst ausgesucht.
Wenn das einen von beiden belastet und der andere nicht auf Wünsche eingeht, ist das für mich ein Problem.
Das ist selbstgemachter Stress und dagegen kann man aktiv etwas machen.
Eine privilegierte Situation.
Und das meine ich: Mental Load ist in vielen Fällen selbstverschuldet.
Machen statt meckern.
Bringt ja nichts, nur Unmut.
Irgendwo muss das Geld eben her kommen. Das ist schon eine komfortable Situation, wenn man sich Jobs und Arbeitszeit aussuchen kann.
Ich glaube, dass viele sich das aussuchen können.
Mit entsprechenden Folgen eben. Wegfallender Urlaub, weniger auswärts essen, Aktivitäten etc.
Das its eben eine Prio-Sache.
Vielleicht will man ja in eine kleinere Wohnung oder raus aufs Land ziehen, dafür aber mehr Zeit mit der Familie haben?
Das ist höchst individuell.
Und dann Corona!
Ich habe grade diesen Artikel und Beitrag gelesen. Und frage mich wie es euch heute geht? Beiden!
Spanendes Thema! Für mich geht es dabei auch um Familiengestalltug und Selbstführsorge. Aber ratet welches Suchwort ich eingegeben habe?!
Liebe Grüße
Anna
Hallo Anna,
danke dir für die Nachfrage. 🙂
Corona bzw. die gezwungene Homeoffice-Zeit mit Kindern ohne Schule und Kita hat uns ganz schön durchgewirbelt. Wen nicht?
Doch mittlerweile bekommen wir den neuen Alltag zu Hause (beide im Homeoffice) gut geregelt.
Wir haben immer noch klare Absprachen, wer was macht.
Wir arbeiten mit dem Whiteboard, auf dem die nächsten zwei Wochen stehen und dem digitalen Kalender.
Elternabend teilen wir auf - und die nervigsten Sachen: Essen machen und Zähne putzen. 😉
Nicht immer klappt das wie am Schnürchen, aber das wäre auch unrealistisch.
Wir sprechen viel, meckern manchmal auch, aber dann bekommen wir das hin. 🙂
Ich sehe das immer noch so:
Ich fühlte mich durch viele Berichte über Mental Load in die Ecke gedrängt und auch mit drin hängend, obwohl das bei mir gar nicht der Fall ist.
Geändert hat sich hier nichts.
Aber bei einigen Paaren besteht das Problem sicherlich und damit viel Redebedarf. 🙂
Liebe Grüße und dir alles Gute!
Sarah