Den Satz sagte die Hort-Betreuerin meines Sohnes zu mir: "Sie sind aber entspannt!" Ich würde immer sehr relaxt zum Abholen kommen, mein kleines Baby stets in der Trage und dabei wäre ich sehr gelassen. Huch, ist das dieselbe Person, die ich jeden Tag im Spiegel sehe? Meine Gedanken über Fremdwahrnehmung und Eigenwahrnehmung.
Vor kurzem dachte ich darüber nach, wie Kinder es fänden, wenn man diese als anstrengend und nervend bezeichnen würde. Ich möchte das über mich nicht hören. Nicht meine Kinder sind anstrengend und stressig, sondern ich bin die Verursacherin. Ich mache mir den Stress selbst, wenn ich an rigiden Plänen und Vorstellungen festhalte, die wir als Familie im Alltag gar nicht erfüllen können. Meine Kinder sind Kinder. Sie haben ihre eigenen Pläne, die Uhrzeit nicht im Blick, hangeln sich von Spiel zu Spiel. Genau das sollen sie auch tun. Doch Dinge wie morgendliches Anziehen, Zähneputzen und Abendessen müssen sein - Punkte, in denen wir Stresslevel 10 erreichen.
Frau Mierau schrieb dazu einen wundervollen Beitrag: Einmal bei sich selbst Kind sein – Temperamente annehmen und begleiten
Ich höre morgens, wie mein Mann die Kinder ermutigt, doch jetzt bitte endlich Zähne zu putzen und sich anzuziehen, während ich mich mit dem Baby ins Bett kuschle (danke dafür <3). Ich bin mittendrin, wenn abends dasselbe Programm inkl. Kinder waschen läuft. Meine Wahrnehmung sieht so aus: Ich bin gestresst, weil das Pflicht-Programm so lange dauert und nicht wohlwollend aufgenommen wird. Klar - wer will schon freiwillig Zähne putzen?
Andere sehen mich lächelnd den Kinderwagen schieben, an dem ein Kleinkind auf dem Buggyboard sitzt, das Baby in der Trage und das Schulkind Witze erzählend neben mir. Manchmal hole ich unseren Schuljungen auch zusammen mit dem Kleinkind und Baby ab und stehe koordinierend zwischen Schulflur und dem Ausgang. Das klappt in der Regel tadellos. Meine Jungs sind eben doch schon kleine große Kinder!
Bitte bei mir bleiben. - Nein, wie spielen jetzt nicht hier. - Ja, du darfst dir etwas zu trinken nehmen. - Sätze, die in der Schule fallen
"Als Familie überleben" war meine erste Überschrift. Als ich meinem Mann erzählte, welch verliebten Eindruck unsere Bekannten trotz drei Kindern auf mich machen, war auch er erstaunt. Das geht? Denn im Alltag ist es bei uns mitunter sehr laut. Kinder spielen, streiten und rütteln stark an meiner Gelassenheit. Nochmal klarstellen: nicht die Kinder sind schuld, sondern meine dünnen Nerven, meine Anspannung, weil etwas nicht so klappt, wie ich es mir vorstelle.
Wenn sich Pläne ändern. Wenn das Kind abends nicht schlafen will, obwohl ich noch etwas machen wollte. Wenn ich am gesamten Wochenende mit drei Kindern allein bin, weil mein Mann zum ersten Mal seit vielen Monaten etwas Freizeit nur für sich hat. Damit komme ich nur schwer zurecht, ich bin gereizt und muss versuchen, mit der Situation fertig zu werden. Vorab überlege ich, was alles schief gehen könnte - Himmel! Es ist verdammt schwer für mich. Nur sieht das keiner von den Außenstehenden. Ich bin sicher, dass das in diesem Maße normal ist, doch wäre es schön, wenn ich meine Haltung ein wenig für ein friedlicheres Familienleben anpassen könnte. Mit Freunden rede ich auch über unsere Situation. Ich bin kein Fan von "Über Olles spricht man nicht". Ich versuche mir Hilfe und Tipps zu holen.
Für diesen Zweck werde ich nochmal das großartige Buch Das gewünschteste Wunschkind aller Zeiten treibt mich in den Wahnsinn lesen. Denn eins ist sicher: ich habe zu viele Regeln - wie man vielleicht bei unseren Tischmanieren erkennt? Diese Erkenntnis teilte mir mein Mann mit. Zu den Kindern öfter ja sagen, offener sein, mehr erlauben. Und mich fragen:
Muss ich das jetzt wirklich verbieten oder bin ich nur faul?
Das ist auch ein Hinweis aus dem Buch. Tja. Nur die Umsetzung fehlt. Das kriegen wir hin, irgendwann. Leicht ist es nicht, denn die Spielregeln ändern sich dauernd.
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Liebe Sarah,
schön geschrieben... wieso machen wir uns immer nur soviel Stress, Regeln...? Mir ist oft die Meinung von anderen wichtig und ich ertrage (lautstarke) Auseinandersetzungen mit meinem Sohn in der Öffentlichkeit wirklich schwer und dann bin ich genervt von ihm und dann von mir:( Dabei verlieren sich die schönen Momente im Alltag leider sehr oft, ich werde jetzt die Nerven stärken und mich in Geduld üben;)
Danke für diesen ehrlichen Blog!
huhu Katrin,
das dient alles der Selbstheilung. Vielleicht muss ich das immer mal wieder lesen, um selbst in mich hineinzuhorchen.
Bisher lernte ich keine Familie kennen, wo immer Friede-Freude-Eierkuchen ist...
Vielleicht hilft der Gedanke. <3
Liebe Sarah,
ein schöner, aber auch sehr selbstkritischer Text. Jede Mutter kommt an ihre Grenzen. Auch das gehört irgendwie dazu. Ich frage mich dann immer, was ich für MICH ändern kann, dass es entspannter laufen kann. Und ich mache mir im Vorfeld nicht mehr so viele Gedanken, was alles schief laufen kann. Lass es auf mich zu kommen und meist läuft es erstaunlich gut 😉 ... Beispiel: Mein Mann war 6 Wochen nach der Geburt von K3 für eine Woche in den USA und ich mit den Kindern allein zu Hause. Bei K1 wäre ich damals durchgedreht! Ich hätte mich schon Monate vorher verrückt gemacht. Jetzt nicht mehr.
Es ist jetzt vielleicht nicht mehr alles so "perfekt" wie Ich es gern hätte, aber anderen fällt das gar nicht auf. Aber was ihnen auffällt ist, dass ich entspannter bin. Dass ich mal 5 gerade sein lassen kann und nicht alles dirigieren muss. Vieles läuft auch einfach so, ohne meine dauernden Ansagen. Ich muss nicht überall immer eingreifen, was sagen oder hinter meinen Kindern herrennen. Das musste ICH lernen. Meine Kinder haben mir also was im übertragenen Sinn beigebracht, wenn man es so will. Und dafür bin ich dankbar.
Es macht das - mein Leben - umso viel einfacher und entspannter. Ich selbst fühle mich entspannter.
Liebe Grüße
Mother Birth
Huhu,
danke für den Text!
Dieses nicht hinterher rennen muss ich noch lernen. Ich bin schon in der Übergangsphase und lasse das Kleinkind einiges selbst wegwischen. Doch wenn die Puzzles da ewig rumliegen - nee! - das muss ich schnell wegräumen. Das nervt mich, wenn es die Kinder nicht wegräumen und sich verweigern zu helfen...
Aber die Richtung sollte angestrebt werden, das stimmt wohl.
Nun muss mir nur noch jemand verraten, wie ich das beides vereine: kooperierende Kinder und Gelassenheit...
Das genannte Buch kenne ich nicht, aber mir half Alfie Kohn's "Liebe & Eigenständigkeit", und seitdem frage ich mich auch immer selbst, ob ein "Nein" jetzt wirklich sein muss 😉
Aber Du bist schon hart zu Dir selbst... Kinder können doch sehr wohl anstrengend sein auf eine bestimmte Weise... es gehören immer zwei dazu, wenn es mal etwas "Reibungswärme" gibt...
Huhu,
ich sehe, was du meinst, doch ich kenne auch Gegenbeispiele: Bleiben die Eltern gelassen, sind die Kinder ebenso gelassen. Lasse ich mich jedoch aufstacheln, eskaliert alles. Danke für den Buchtipp. Das empfehlen die Autorinnen vom Gewünschten Wunschkind auch. 🙂
Hallo liebe Sarah, fand ich sehr interessant zu lesen. Ich kann übrigens ebenfalls das Buch von Alfie Kohn empfehlen und habe es hier mal rezensiert: https://heuteistmusik.de/belohnen-und-bestrafen-ist-out-wir-lieben-jetzt-bedingungslos/
Allerdings finde ich schon, dass Eltern mal sagen dürfen, dass Kinderhaben anstrengend ist. Vor den Kindern zu lamentieren, sie seien anstrengend und nervig - das finde ich auch gemein und überflüssig. Aber auf einem Blog zu verschweigen, dass Kinderbetreuung auch mal an die eigenen Grenzen geht, dass die Nerven blank liegen und wir manchmal einfach Schwierigkeiten haben, auf die Forderungen der Kinder einzugehen: das empfinde ich als nicht richtig. Die Eltern, die die Texte lesen, identifizieren sich mit den Worten und es wird ein ungemeiner Druck aufgebaut, wenn wir beschreiben, dass eigentlich alles easy ist. Mütter, die gerade am Rande der Verzweifelung sind, weil die kleinen Kinder wütend sind, das Baby weint und Haushalt und Job zu erledigen sind (und oh ja, das kenne ich auch...), haben das Gefühl, sie müssten einfach nur gelassener sein, ergo sie machen etwas falsch. Meditation, genannte Buchtipps usw. helfen total weiter. Sie sind aber nicht das Allheilmittel für ewige Gelassenheit. Das ist auch manchmal eine Frage des Charakters. Ich habe mich selbst mal über mich geärgert, als ich den Artikel darüber verfasste, wie easy-peasy ich morgens drei Kinder fertig mache. Es hört sich so an, als ginge es immer so ruhig und gelassen zu. Würde ich heute anders schreiben, da bin ich ehrlich. Ich wünsche euch weiterhin so eine schöne Zeit. Und anstrengend sind wir ja alle mal. Die Kinder genauso wie die Eltern oder der Partner. Alles Liebe von Laura
Toll geschrieben. Dem ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen.
Unsere Kinder sind keine nervigen Anhängsel, über die man sich stets beschweren muss. Es liegt an uns, weil wir ein unrealistisches Bild von ihnen im Kopf haben, welches sie nicht erfüllen können.
Und genau das, was du schreibst, möchte ich auch: Meine „Neins“ reduzieren, relaxter reagieren und mehr Freiheiten einräumen. Wir haben viele klare Regeln, die meisten davon möchte ich zwar beibehalten. Aber einige sind mittlerweile „veraltet“ und könnten einfach lockerer gesehen oder gar ganz gestrichen werden.
Habe aber auch schon feststellen dürfen, dass die Leute mich oft ganz anders wahrnehmen, als ich mich selber. Ich finde uns zum Beispiel total streng an manchen Tagen, das Umfeld spiegelt uns aber wieder, dass dem definitiv nicht so ist. Gleiches gilt für Stress und Co. Oft fragen mich die Leute ob ich krank wäre genau dann, wenn ich tatsächlich mal ausgeschlafen habe und entspannt bin ^^