Sarah Depold
19. September 2019
(Aktualisiert: 16. Oktober 2023)

Überforderung in der Babyzeit

Beim ersten Kind war ich 23, damals dachte ich, ich war einfach zu jung. Kein Wunder, dass ich überfordert mit Baby bin. So viel Zeit verbrachte ich mit Baby bei meinen Eltern. Mein Mann war immerhin lange unterwegs. Doch dann merkte ich: es liegt nicht am Alter. Dieses Gefühl kam bei jedem Baby neu auf: wie soll ich das alles schaffen?

Hilfe, ich habe plötzlich ein Baby!

Plötzlich Mama und überfordert und unterfordert mit Baby. - Mamaskind.de
Plötzlich Mama und überfordert und unterfordert mit Baby.

Nach der Geburt im Krankenhaus wunderte ich mich: Und was mache ich jetzt mit dem Baby? Es schlief so friedlich. Das änderte sich natürlich schnell. Mein Kind schlief nicht mehr gut, schrie, war scheinbar nicht zufrieden und ich war überfordert. Wie man mit einem Kind umgeht, dass man es nach Bedarf stillen darf und dass frische Luft sehr heilsam sein kann - das lernte ich erst mit der Zeit. Meine damalige Hebamme war mir leider keine gute Hilfe. Zum Glück gab es das Internet - und Mama.

Doch schien ich es bei jedem meiner drei Babys neu lernen zu müssen. Wie kann das sein? Kann man es verlernen, Mutter eines Neugeborenen zu sein? Warum schreit mein Kind denn? Ich zweifelte mitunter an meinen Mama-Skills.

Beim zweiten Kind war ich plötzlich auf mich gestellt, fernab der Familie, im großen Berlin. Ein paar Mal traf ich mich mit Bekannten, konnte bloggen, doch ich fühlte mich einsam. Es fehlte mir, dieses Dorf, von dem auch Nicola in ihrem Buch: Erziehen ohne Schimpfen schreibt. Erneut war da dieses Gefühl: wie soll ich das schaffen wenn mein Mann wieder arbeitet?

Die Elternzeit liebte ich, war trotz der vielen Zeit überfordert und wollte nicht allein sein. - Mamaskind.de
Die Elternzeit liebte ich, war trotz der vielen Zeit überfordert und wollte nicht allein sein.

Abends nicht mehr weggehen

Abendliche Verpflichtungen meines Mannes? Das konnte ich mir nicht vorstellen. Es ging einfach nicht und es setzte mich unglaublich unter Druck. Gleichzeitig hatte ich das Gefühl: ich verbiete meinem Mann, zu seinem Sportkurs zu gehen und hatte ein doppelt schlechtes Gefühl. Generell scheine ich als Mama das schlechte Denken für mich gepachtet zu haben. Schuldig? Schuldig!

Mein Mann schien es zu verstehen, nahm es grummelnd hin, dass ich ihn vor allem abends brauchte. Denn mein Baby schlief nie. Weg konnte ich nicht, ich stillte ja. Fläschchen hatten wir nicht. Und wohin sollte ich auch gehen? Meine Freunde waren in der Heimat, Bekannte in der Nähe hatten auch alle Kinder, schnell zu Mama fahren: ging nicht mehr. Gefangen zu Hause quasi.

10 Jahre Rückblick: Schwangerschaft, drei Kinder, drei Jobs. - Mamaskind.de
10 Jahre Rückblick: Schwangerschaft, drei Kinder, drei Jobs.

Gleichzeitig unterfordert mit Kind zu Hause

Der Grund, warum ich meinen Blog 2010 startete war, dass ich mit meinem Kind geistig unterfordert war. Alle Prüfungen im Studium schrieb ich noch hochschwanger, ein paar Wochen vor der Geburt. Mit Baby saß ich nun nur noch an der Bachelorarbeit. Dazwischen war mir öde. Es war keiner da zum Reden.

Wie komisch das ist: alles war anders, ich fiel in ein kleines Loch. Das Studium lag gefühlt Jahre hinter mir, dabei hatte ich es noch nicht mal beendet. Auf den Abschluss würde ich zusammen mit dem Baby hinarbeiten. Doch bis dahin: Leere. Wie praktisch, dass ich mich mit meinem Blog gleichzeitig weiterbilden konnte. Sogar noch ein weiteres Online-Projekt setzte ich auf. Mit meinen Babys und Kindern war ich dennoch stets glücklich, mir fehlte nur das Denken außerhalb der Baby-Blase.

Nur Mama sein: das konnte ich nicht. Wie glücklich ich war, wenn ich abends mit einem erwachsenen Menschen reden konnte! Die meisten Kommilitoninnen hatten noch keine Kinder, auch im Freundeskreis waren wir früh dran. Das Dorf musste erst noch wachsen. Und tut es immer noch.

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Allein verantwortlich ist nicht alleinerziehend!

Allein mit drei Kindern?

Beim dritten Kind war es ähnlich. Wieder war da dieses Loch: Cool, kann man ja mal reinfallen! Ich allein mit drei Kindern zu Hause? Was da alles schiefgehen kann! Hilfe, das geht nicht, geh nicht weg! Erneut suchten wir gemeinsam Wege. Es litt wieder der Sport und so einige der Karriere dienlichen Events: Essen mit Chefs und Kollegen am Abend.

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Wir befanden uns in unserer kleinen Blase, fernab der Unterstützung im Alltag. Um nicht durchzudrehen arbeitete ich wieder in der Elternzeit (was sich geldlich für mich nicht lohnte, eher im Gegenteil!). Dieses hilflose Gefühl, mit drei Kindern allein nicht handlungsfähig zu sein, begleitete mich lang. Tatsächlich bis weit ins dritte Lebensjahr meiner Tochter hinein.

Man kann sich vorstellen: das war für keinen von uns angenehm. Kam mein Mann 10 Minuten später von der Arbeit, drückte ich ihm schon genervt die Kinder in die Hand. Ob der sich nicht denken kann, wie anstrengend das alles ist? Konnte er, immerhin hat er auch einen sehr stressigen Job. Doch das sah ich in der Situation nicht.

Überfordert mit Baby zu Hause: wie soll ich das alles allein schaffen? - Mamaskind.de
Überfordert mit Baby zu Hause: wie soll ich das alles allein schaffen?

Ich kann das auch allein

Erst jetzt weiß ich: ich schaffe das auch „locker“ allein mit drei Kindern und drehe nicht durch, wenn mich mein Mann um eine Befreiung vom gemeinsamen Flohmarkt-Besuch bittet. 😉 Ich war allein mit drei Kindern dort! Was sich für andere Eltern vielleicht lächerlich anhört ist für mich ein Erfolg. Es war wie erwartet: alle Kinder flogen in verschiedene Richtungen aus, ich hatte anfangs kaum Zeit zu schauen oder mit Bekannten zu sprechen. Doch es klappte!

Bin ich abends mit den Kindern allein, male ich mir keine Schreckensszenarien mehr aus, sondern überlege, wie ich das für alle witzig bewältigen kann. Ich habe meine Abendroutine mit drei Kindern, die sich ändert, je nachdem ich allein bin oder nicht. Meistens ist mein Mann da und übernimmt abends.

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Das Wissen, dass ich auch mal einen Vormittag mit den Kindern wuppen kann, ich mich nicht überfordert fühle, hilft ungemein. Das Vertrauen hätte ich gerne früher gehabt. Jetzt flehe ich meinen Mann nicht mehr an, dass er seinen Kurs sausen lässt. Ich grummle höchstens noch. Aber auch das wird weniger.

Am Ende wird alles gut. Und wenn es nicht gut wird, ist es noch nicht das Ende."

Oscar Wilde?

Was hat dir in der Babyzeit geholfen?

Lasst es uns gemeinsam festhalten: was hat euch geholfen, als ihr (unerfahren?) mit dem Baby zu Hause wart?

Es gibt Tage, an denen ich scheinbar nichts schaffe, was natürlich Quatsch ist, denn ich bin in Elternzeit mit unserem dritten Kind zu Hause. Eltern wissen, dass es manchmal richtige Arbeit ist, Haushalt, Essen und Kinderbetreuung zu schmeißen und dann noch duschen zu gehen. Und nicht mal das schafft man an einigen Tagen, besonders in den ersten Lebensmonaten des Babys. Wenn mein Mann nach Hause kommt, berichte ich dann:

Ich bin die Heldin der Wäsche.

Tage der Überforderung

Besonders beim ersten Kind wurde ich überrannt. Es war eine schwierige Umstellung für mich. Erst war ich Studentin, kam nach Hause, lernte ein wenig und zockte dann den restlichen Tag. Verpflichtungen hatte ich wenige. Bis auf das bisschen Haushalt, das in unsere Studentenwohnung anfiel. Plötzlich hatten wir ein Kind, das gefühlt viel schrie, sodass ich sogar meine Mama anrief, die dann auch kam um zu helfen. Irgendwann kam ich besser klar, doch diese schwierige Zeit vergesse ich nie. Es war auch die Zeit, in der ich unsere Einkäufe auf den Kassenbons je nach Art farblich markierte, um Sparpotenzial zu entdecken. Trotz BAföG und unseren Werkstudentenjobs (und geldlichen Zuwendungen meiner Eltern). Eine eigene Wohnung und Anschaffungen für das erste Kind sind eben nicht ohne. Mein Dank gilt dem Wohngeld und dem Geld für Erstausstattung von der Caritas.

Gestatten, ich bin die Heldin der Wäsche! Wenn man sich freut, dass man trotz Kindern den Haushalt schafft.- Mehr Infos auf Mamaskind.de
Gestatten, ich bin die Heldin der Wäsche!

Es wird besser - man bekommt das hin!

Beim zweiten Kind kam ich nach der Geburt besser klar, hatte eher mit der Eifersucht des Großen zu kämpfen. Wir waren inzwischen in Berlin angekommen, ohne Großeltern in der Nähe. Alles andere lief nebenbei. Der Haushalt war nicht wichtig. Bei unserer Baby-Tochter, unserem dritten Kind, hat sich alles mehr eingespielt. Alle zwei Wochen kommt seit Juni unsere Putzfee und macht eine Grundreinigung der Wohnung. Das heißt, ich bin gezwungen, mindestens alle zwei Wochen die Wohnung von Grund auf aufzuräumen. Dabei miste ich immer ein wenig aus. Da ich Ordnung sehr liebe, bemühe ich mich, täglich aufzuräumen, damit es gar nicht erst eskaliert. Mir helfen Pläne. In mein Bullet Journal schreibe ich täglich, was zu tun ist. Dadurch verliere ich den Überblick nicht und die Umsetzung klappt wirklich - meistens.

Jetzt kommt das große Aber. Es klappt nicht immer. Manchmal reicht nur eine kleine Änderung und nichts klappt mehr. Dann haben wir noch tagelang mit den Auswirkungen zu kämpfen.

  • Ein Kind ist krank zu Hause
  • einer von uns Eltern ist krank
  • Kind muss früher aus der Kita / Schule abgeholt werden
  • Wir hatten eine Party und viel Geschirr
  • das Leben kommt dazwischen

Es wird also besser, aber zumindest bei uns nie perfekt. Obwohl es meist aufgeräumt ist, gibt es irgendwo Ecken, die dringend nach Aufmerksamkeit rufen. Ganz vorne dabei ist immer der Geschirrspüler, der sich nicht von allein ausräumt (der Faulpelz). Immer haben wir drei Wäscheständer in der Wohnung, die niemals leer werden, weil wir mit fünf Personen entsprechend viel Wäsche haben. Schön sieht das nicht aus, doch die Wäsche immer im Trockner zu trocknen ist zu teuer.

Der Austausch fehlt mir - Arbeit

Wenn ich also an den anderen Tagen zwei Wäschen schaffe, abnehmen und aufhängen, nebenbei stille und vielleicht noch einen Blogpost schreibe, fühle ich mich wie Wonder Woman. Ich bin stolz, wenn ich meine Ziele erreicht habe und das kann auch einfach nur Wäsche und Haushalt sein. Meinem Mann erzähle ich dann ganz stolz, was ich alles gemacht habe. Ich merke, wie mir der Austausch mit Kollegen fehlt, mit denen ich aktuell nur ab und zu E-Mails schreibe. Und ein bisschen freue ich mich schon jetzt wieder auf die Arbeit. 🙂

Sehr glücklich bin ich, dass ich den Blog habe, für den ich im Moment viel schreiben kann. Unser Baby-Mädchen schläft mittags glücklicherweise sehr lange - möge es so bleiben! Bis dahin bin ich einfach: Heldin der Wäsche.

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4 comments on “Überforderung in der Babyzeit”

  1. Ein toller Beitrag der mir aus der Seele spricht...."handlungsungähig" ist ein treffendes Wort, insbesondere in der frühen Baby/Kleinkindphase hatte ich das absolut. Bei uns hat nur durchhalten geholfen, Unterstützung und ehrlicher Austausch (leider nur selten in der realen Welt)...
    Umso wichtiger dein ehrlicher Beitrag!
    Alles liebe für dich

    1. Liebe Birdi,
      vielen, vielen Dank für deine lieben Worte!
      Ich finde es so super schwierig, den Austausch zu bekommen, doch wir arbeiten an einem Netzwerk. In der Kita geht das noch einfacher als in der Schule. Schuleltern sieht man selten, da ist der Austausch wirklich viel zu selten.
      Alles Gute auch für euch. 🙂
      Liebe Grüße
      Sarah

  2. Mir geht es gerade ähnlich. Obwohl der Große (3) vormittags in der Kita ist, fühle ich mich mit dem Kleinen (14 Monate) überfordert, wenn er den ganzen Vormittag jammert und unzufrieden ist. Schlafen tut er auch nie, ich wünsche mir dann einfach nur mal eine Stunde Pause. Unterstützung haben wir hier nicht, da keine Verwandtschaft in der Nähe wohnt. Dein Beitrag hat gerade etwas geholfen, gut geschrieben. Nächste Woche läuft es hier vielleicht wieder besser 😉 Liebe Grüße

    1. Liebe Meiki,
      ach, vielen Dank dafür!
      Ich wünsche dir alles Gute!
      Wir hatten zum Glück nur ein nie schlafenden Kind - doch das schlaucht ungemein!
      Liebe Grüße
      Sarah

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