Martin, der jahrelange Erfahrung mit Kindern und deren Schlafgewohnheiten hat, schreibt darüber, wie man ein Kleinkind ins Bett bringt. Oder wie es bei ihm funktionierte. Meistens jedenfalls:
Ihr kennt das: es ist Schlafenszeit. Das ist zumindest eure Meinung. Leider nicht die des Kindes. Das ist wach und will alles andere als schlafen. Oder schlimmer - es ist todmüde, will aber trotzdem nicht schlafen und nörgelt rum. Es gibt verschiedene Strategien, um mit so einer Situation klarzukommen. Man könnte das Kind wach lassen, bis es von allein einschläft - in der Regel zehn Minuten vor dem eigenen zu Bett gehen. Oder man setzt es ins Gitterbettchen und lässt es schreien - das funktioniert nur, wenn der eigene Durchhaltewillen größer ist, als der des Kindes (also nie). Als dritte Methode ist mir neulich das “Dauerstillen” untergekommen, womit sich natürlich vor allem Männer schwertun.
Wie auch immer, wir hatten das Ganze auch (ist glücklicherweise schon eine Weile her). Weil unser kleines Mäuschen damals gar nicht allein einschlafen wollte, musste ich lange Zeit der Einschlafbuddy sein und in dieser Zeit habe ich eine ziemlich gute Methode entwickelt (ich hatte ja auch viiiel Zeit dafür). Sarah hat mich neulich danach gefragt und nach geraumer Zeit (nach neun Jahren Vaterschaft ist mein Gedächtnis nicht mehr so gut) ist sie mir wieder eingefallen. Hier also, ohne weitere Vorrede Martins Patentrezept zum Einschlafen: Zunächst gestalte man den Ablauf am Abend immer gleich. Abendessen, waschen, Sandmännchen und/oder Bilderbuch und zum Schluss noch ein bisschen Kuscheln. Nach Möglichkeit sollte alles auch jeden Tag zur gleichen Zeit gemacht werden. Kinder (zumindest meine) lieben Rituale - aber das wisst ihr sicher bereits. Wichtig: diese Zeit sollte so ruhig wie möglich ablaufen. Kein Rumgetobe, kein Albern, kein Abkitzeln oder ähnliches!
Der eigentliche Trick ist das Kuscheln. Man lege sich dazu in ein abgedunkeltes Zimmer. Still sollte es sein, aber nicht zu still. Wenn im Nebenzimmer leise gesprochen wird oder der Fernseher läuft, kann das sogar ganz hilfreich sein. Seitenlage mit dem Rücken des Kindes am eigenen Bauch ist zu empfehlen. Das Kind muss in der Lage sein, eure Atembewegungen zu spüren. Wenn das Kind loskrabbeln will, wird es mit sanften Nachdruck wieder in die Kuschelposition gebracht. Es kann nicht schaden, die allzusehr strampelnden Ärmchen und Beinchen SANFT festzuhalten. Es geht nicht darum, dass Kind in seiner Freiheit einzuschränken, sondern ihm zu signalisieren, dass jetzt nicht die Zeit zum Toben ist. Irgendwann begreift das Kind, was man von ihm will. Auch hier gilt: keine Gespräche, kein Lachen und auch kein Streicheln. Ziel ist es, den sensorischen Input des Kindes auf ein Minimum zu reduzieren.
Dann beginnt man, ruhig und sehr tief zu atmen. Der eigene Körper sollte sich soweit wie möglich entspannen - wer Entspannungsübungen (Body Scan o.ä.) kennt, kann sie hier ruhig anwenden. Aber nicht einschlafen! Wem beim tief Atmen schwindlig wird, der lasse zwischen Ein- und Ausatmen (und in die Gegenrichtung) jeweils eine Pause. Lasst euren Körper entscheiden, wann er atmen möchte, der macht das schon ewig, der kann das besser als ihr. Das Kind wird nun eure Entspannung und den tiefen Atem spüren und sich ebenfalls entspannen. Eure einzige Aufgabe in dieser Zeit ist es, auf den Atem des Kindes zu achten. Abgesehen davon eignet sich diese Phase hervorragend zum Träumen, Romane verfassen, dichten oder Programmierprobleme lösen. Achtet nur darauf, dabei nicht wieder zu verkrampfen. Deshalb ist der Widerspruch ans Finanzamt vielleicht nicht das richtige Thema. Irgendwann wird auch der Atem des Kindes ruhig und gleichmäßig. Spätestens wenn es zwischen den Atemzügen eine Pause macht, ist es eingeschlafen. Meine Beobachtung ist, dass es direkt nach dem Einschlafen zu einer kurzen, aber besonders tiefen Schlafphase kommt, in der das Kind problemlos bewegt werden kann. Diese abzupassen ist Erfahrungssache, bei mir waren es fünf bis zehn Minuten nach dem Einschlafen.
Einschlaftraining ist eine diffizile Angelegenheit, das gebe ich zu. Die Schlafgewohnheiten des Kindes und das elterliche Ruhebedürfnis stehen da oft im Konflikt. Ich bin aber fest der Meinung, dass der kindliche Schlafrhythmus mit ein wenig Geduld und viel Liebe so steuerbar ist, dass auch die Eltern irgendwann wieder friedliche Abende zusammen verbringen können - auch mit kleinen Kindern. Viel Erfolg!
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Kann euch ja bald in der Elternbloggerkarte in die Familienblogger umordnen 😉 Mal wieder ein guter Beitrag von dir Martin, wie ich finde.
Auch wenn ich beim Thema "Schlafen" in Kombination mit "Kindern" immer nicht ganz mitreden kann, weil wir einfach mal so gar keine Probleme damit haben. Aber vielleicht krame ich die ganzen Artikel mal raus, wenn ein zweites Kind da sein sollte. Man weiß ja nie.
Danke für die netten Worte. Ich hatte schon ein wenig Sorge, weil das ja oft auch ein schwieriges Terrain ist, wo sich viele Leute nicht gerne reinreden lassen. Aber vielleicht kann der eine oder andere ja auch ein paar Tipps mitnehmen.
Schön, das Einschlafen kein Problem bei euch war. Schätzt euch glücklich! Und ich drück die Daumen, dass es beim zweiten Kind auch so läuft!
Netter Text. Mag deine Schreibweise. Ich bin gespannt, wie unsere Tochter aks Kleinkind wird. Jetzt ist sie schon sehr aktiv, aber beim Einschlafen zum Glück nicht so schwierig. Ritual/Anlauf am Abend hilft sicherlich! (Babys kennen ja keine Uhrzeit, sie müssen sich ja an etwas orientieren.) lg, Marlen
Vielen Dank für den Text. Wir hatten zum Glück relativ wenig Probleme mit dem Schlaf unseres Kindes. Wenn man da so Horrorstorys aus dem Bekanntenkreis hört, können wir dafür echt dankbar sein. Wir haben allerdings die Erfahrung gemacht, dass ein geregelter Ablauf und feste Rituale enorm hilfreich sind. Sobald wir von diesen abweichen (Urlaub, Ausflüge o.ä.) wird es komplizierter mit dem Einschlafen.
[…] einen Post bei Mamaskind gelesen, es geht um ein Einschlafenritual. Nicht um das eigene, denn Eltern leiden unter […]